Unter Dampf gesetzt

Diese besondere Trocknung braucht jede Kläranlage

Sie funktioniert auf kleinster Fläche, spart bis zu 95 Prozent Trocknungsenergie und ist schnell und geruchlos: die Trocknung von Klärschlamm mit überhitztem Wasserdampf. Was für Zuckerrübenfabriken bereits erprobte Technik ist, stellt für Kläranlagen eine neuartige Lösung zur Schlammentsorgung und Kapazitätserweiterung dar.

Die Entsorgung von feuchtem Klärschlamm ist – abgesehen von der landwirtschaftlichen Ausbringung – teuer. Kläranlagen entscheiden sich daher, den Klärschlamm zu trocknen. Mit dem Nachteil, dass die Energie für die klassische Trocknung (Scheiben-, Band- oder Trommeltrockner) nur zu einem sehr geringen Teil wieder- verwendet werden kann. Wie bei der klassischen Trommeltrocknung von Zuckerrübenschnitzeln fehlen Abnehmer für große Mengen feuchter, warmer Luft.

Die Lösung für diese Probleme ist die Ausführung eines Verdampfungstrockners als Wirbelschicht- und Druckapparat. Dieser Druck kann nur gehalten werden, wenn der Trockner geschlossen ist. Diese Eigenschaft führt automatisch zu einem Prozess ohne Geruchsemmissionen und dank der Dampfatmosphäre auch ohne Sauerstoff. Ein Oxidations-, Brand- oder Explosionsrisiko im Trockner besteht nicht. Durch die hohen Temperaturen während der Trocknung liegen Feststoff (> 0,95 kgTS/kg) und Kondensat steril vor.

Durch die Verwendung von überhitztem Dampf können im Vergleich zur Trocknung mit heißer Luft kürzere Trocknungszeiten realisiert werden. Dadurch verringert sich die Verweilzeit des Klärschlamms im Trockner, was eine kleinere Standfläche ermöglicht. Auf einer Grundfläche von lediglich drei Metern Durchmesser können im kontinuierlich arbeitenden Wirbelschichtapparat pro Stunde zwei Tonnen staubarmes, körniges Produkt mit konstanter Trockensubstanz produziert werden.

Dafür wird der Klärschlamm mit 0,25 bis 0,35 kgTS/kg – vor der Leimphase – in Partikelform gebracht und in der Wirbelschicht schonend auf 0,95 kgTS/kg End- feuchte getrocknet. Die Fluidisierung verhindert ein Verkleben der Partikel oder das Haften an den Wänden. Die Leim- phase des Schlammes hat somit keinen Einfluss auf die Trocknung.

Das Wasser im Klärschlamm wird zu Heizdampf auf hohem energetischen Niveau umgewandelt – der Trockner wird somit zum Dampferzeuger. Als Nebenprodukt entsteht trockener Klärschlamm. Somit lassen sich Klärschlamm-Entsorgungskosten sparen und der Phosphoranteil im Schlamm wird erhöht.

Geschlossene Trocknung bringt viele Vorteile

Einzigartige Versuchsanlage zur Klärschlammtrocknung

Kläranlagenbetreiber und Entsorgungsunternehmen haben also einen hohen Be- darf an alternativen Trocknungsverfahren – so wie das der Verdampfungstrocknung oberhalb des atmosphärischen Druckes. Mit diesem Verfahren kann man die Energie des freigesetzten Dampfes durch Brüdenkondensation verfügbar machen; zudem liegen die Inhaltsstoffe des Dampfes wieder in flüssiger Form vor. Seit Anfang 2016 arbeitet BMA deswegen mit einer weltweit einmaligen Versuchsanlage an Konzepten zur Trocknung von Klärschlamm mit überhitztem Dampf in der Wirbelschicht – im Technikumsmaßstab unter praxisgleichen Betriebsbedingungen.

Der Zeitpunkt ist ideal. Die Novelle der Klärschlamm- und Düngemittelverordnung, die in diesem Jahr in Kraft treten soll, setzt die deutschen Kläranlagenbetreiber unter Druck. Sie müssen in den nächsten Jahren neue Verwertungskonzepte für Klärschlamm erarbeiten, da die preislich günstige Ausbringung auf die Felder im Jahr 2029 ausläuft.

Allein in Deutschland entstehen in mehr als 10.000 Kläranlagen jährlich etwa sie- ben Mio. Tonnen feuchter Klärschlamm, von dem künftig der größte Teil getrocknet vorliegen muss – auch um die vorgeschriebene Rückgewinnung von Stickstoff und Phosphor zu ermöglichen. In Deutschland sind etwa 60.000 Tonnen Phosphor im Klärschlamm enthalten – ein unerlässlicher Mineraldünger. Etwa ein Drittel davon wird landwirtschaftlich genutzt. Zur Rückgewinnung des Phosphors ist eine Aufkonzentration notwendig: Schlammentwässerung -> Trocknung -> Monoverbrennung.

In der Schlammentwässerung ermöglichen die technologischen Entwicklungen der vergangenen Jahre heutzutage 40 Prozent höhere Trockensubstanzwerte von bis zu 0,35 kgTrockensubstanz / kgGesamt (kgTS / kg). Im Bereich der Klärschlammtrocknung sind solche Technologiesprünge bisher ausgeblieben. Das liegt auch an den Nachteilen konventioneller Trockner. Dazu zählen neben Geruchsemissionen, Brand- und Explosionsrisiko und dem Problem der Wärmenutzung auch die Endfeuchte und Leimphase des Klärschlamms sowie der Platzbedarf des Apparates.

So spart sich die Energie von selbst ein

Das Hauptprodukt Brüden enthält weiter- hin 95 Prozent der eingesetzten Trocknungsenergie. Woher kommt die Energie? Auf der Kläranlage kann sie von vielen Quellen bereitgestellt werden: teils aus Blockheizkraftwerken, aus der thermischen Verwertung eines Teils des Faul- gases und idealerweise durch die Verbrennung des trockenen Klärschlamms.

Auf diesem Weg wird weniger Strom produziert, was man zunächst nur in Vergleich zu den sekundären Vorteilen wie Standfläche, Emissionsfreiheit und geringeren Entsorgungskosten setzen kann. Deutlich größer fällt der Vorteil der Verdampfungstrocknung aus, wenn der Brüden (150 Grad Celsius bei vier bar) auf der Kläranlage eingesetzt wird – und dafür gibt es zahlreiche Möglichkeiten: Desintegration von Überschussschlamm oder Bioabfall, Belüftung der Belebungsbecken, Eindampfung hochbelasteter Abwässer, Vortrocknung, Dampfstrippung, Fernwärme etc.

Durch hocheffiziente Kaskadenkondensation einer oder mehrerer Wärmeabnehmer wird diese Energie wieder verfügbar, was deren Mehrfachnutzung bedeutet und CO2-Emissionen reduziert. Obendrein können einige dieser Verfahren die Klärgasmenge um bis zu 30 Prozent erhöhen und gleichzeitig die Schlammmenge reduzieren. Dadurch können neue Anlagen kleiner ausfallen und bestehende in ihrer Kapazität deutlich erhöht werden.